Kategorie: Gewalt gegen FLINT-Personen

Tag 3: Rassistische Polizeigewalt – der Fall Breonna Taylor

Am 13. März 2020 wurde die 26-jährige Afro-Amerikanerin Breonna Taylor aus Louisville, Kentucky in ihrer Wohnung von drei Polizisten erschossen. Ein fragwürdiger, aber offizieller Durchsuchungsbefehl ermöglichte der Polizei ein Eindringen in die Wohnung, da sie vermutete, dass Taylors Ex-Partner ihre Wohnung möglicherweise als Drogenversteck nutzte. Obwohl der Verdächtige bereits seit über zwei Stunden an einem 15km entfernten Ort lokalisiert und beobachtet wurde, stürmten die Offiziere das Appartement ohne Vorankündigung und gaben sich auch nicht als Polizisten zu erkennen. Breonnas Partner Kenneth Walker, der sich ebenfalls in der Wohnung befand, befürchtete einen Einbruch und feuerte aus Notwehr einen Warnschuss ab. Die Polizisten reagierten mit einem für Breonna Taylor tödlichen Feuer von 32 Schüssen, ohne überhaupt vollständigen Einblick in die Wohnung zu haben.

Der Todesfall wurde im Mai 2020 publik und war neben der gewaltsamen Tötung von George Floyd einer der Fälle, der im Rahmen der #blacklivesmatter-Bewegung regionale, nationale und internationale Proteste auslöste. Neben der Bekanntmachung des unschuldigen Opfers kämpften und kämpfen die Protestierenden gegen die sog. „No-Knock-Durchsuchungen“ und andere brutale Polizeipraktiken, die vorrangig gegen Schwarze Personen eingesetzt werden und Ausdruck eines zutiefst rassistischen Systems sind. Bei den Protesten kam es zu vielen Verhaftungen und Gewalt. In einem Prozess Ende September 2020 wurden alle Täter freigesprochen. Lediglich einer musste den Dienst verlassen.

Weiterhin werden Spenden für Breonna Taylors Familie gesammelt. Außerdem kann für den Louisville Community Bail Fund gespendet werden, der verhafteten Protestant*innen zugutekommt. Finanzieller Support für die Schwarze Community in Deutschland ist u.a. über den ISD möglich.

Tag 2: „Entweder du wurdest verrückt, du hast dich organisiert, oder du nahmst den Strick“ – Lesbisches Leben in der DDR

Zwar war in der DDR Homosexualität zwischen Menschen über 18 Jahren ab 1968 nicht mehr strafbar, das änderte allerdings kaum etwas am öffentlichen Klima. Homosexualität wurde auch in der DDR medial verunglimpft und staatlich überwacht. Aufgrund der restriktiven Politik gab es kaum offizielle Treffpunkte für homosexuelle Menschen, inoffizielle Treffpunkte an öffentlichen Orten wie Parks oder Toiletten wurden durch die Volkspolizei als „Kriminalitätsschwerpunkte“ überwacht.
Ab den 1970er Jahren wurden Schwule und Lesben zunehmend durch die Staatssicherheit beobachtet. Auf homosexuelle Gruppen und viele Aktivist_innen wurden Spitzel angesetzt, die sich zum Teil verdeckt in der Szene bewegten und versuchten, die Gruppen zu „zersetzen“. So galt beispielsweiße die lesbische Aktivistin Dr. Ursula Sillge, eine Initiatorin des homosexuellen Treffpunkts Sonntags-Club, als „innerer Feind“ der DDR. Auf sie waren mehr als zehn Spitzel angesetzt, ihre Kontakte und Telefongespräche wurden überwacht. Innerhalb der Szene streuten die verdeckten Spitzel das Gerücht, Ursula Sillge wäre Mitglied der Partei SED und für die Staatssicherheit tätig.
Im Podcast gemeinsam unerträglich erzählen homosexuelle Frauen von ihrem Leben in der DDR. Eine Podcastproduzentin resümiert: „Viele der Frauen, mit denen wir sprachen, sagen – off the record – du hattest drei Optionen. Entweder du wurdest verrückt, du hast dich organisiert, oder du nahmst den Strick.“

„Viele der Frauen, mit denen wir sprachen, sagen – off the record – du hattest drei Optionen. Entweder du wurdest verrückt, du hast dich organisiert, oder du nahmst den Strick.“

Neben Isolation, Diskriminierung und Unsichtbarkeit behalten die Lesben auch die Überwachung und Kriminalisierung durch die Staatssicherheit in bitterer Erinnerung.
1985 wurden elf Aktivistinnen der Gruppe Lesben in der Kirche bei dem Versuch, zur Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Ravensbrück zu fahren, verhaftet, verhört, bedroht und beleidigt. Durch die Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung anlässlich des 40. Jahrestages der Befreiung wollten die Aktivistinnen den Opfern des Faschismus und speziell den Lesben unter den Verfolgten gedenken. Die Frauen wurden abtransportiert und erst weit nach Ende der Gedenkfeier zurück zum Bahnhof gebracht.

„Wenn ich höre, die oder der hat sich geoutet, dann tanze ich und freue mich und stell’ eine Kerze auf den Balkon.“

„Wenn ich höre, die oder der hat sich geoutet, dann tanze ich und freue mich und stell’ eine Kerze auf den Balkon.“ – So erinnert sich die Zeitzeugin Bianka H. in einem Interview für die Ausstellung WIR* HIER! zu Lesben, Schwulen und Trans* in Mecklenburg-Vorpommern in Geschichte und Gegenwart an ihr Leben als Lesbe in der DDR.

Tag 1: Das Projekt – Polizeigewalt gegen FLINT-Personen

Am 25.11. findet jährlich der internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen statt. Der Ursprung des Tages geht auf den Fall der Schwestern Mirabal zurück, die 1960 durch Militärangehörige der Dominikanischen Republik verschleppt und ermordet wurden. Seit den 1980er Jahren erinnern lateinamerikanische und karibische Feministinnen an die Tat; 1999 übernahmen die Vereinten Nationen den Gedenktag offiziell.
Patriarchale Gewalt zeigt sich in vielen Formen: Physisch, psychisch, oftmals häuslich, aber auch strukturell und institutionell. In diesem Jahr haben wir von der Femwerkstatt uns das Ziel gesetzt, institutionelle Gewalt gegen Frauen, inter, trans und nicht-binäre Personen, die von der Polizei ausgeht, genauer zu betrachten. Deshalb teilen wir vom 25. November bis zum 10. Dezember dazu täglich einen neuen Beitrag. Historische und aktuelle, lokale und internationale Texte beleuchten verschiedene Dimensionen der strukturellen Polizeigewalt gegen Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre und trans Personen und zeigen deren Verschränkung mit Diskriminierungserfahrungen.
Mit den exemplarischen Geschichten, die Mitglieder der Femwerkstatt erarbeitet haben, können wir keinesfalls die gesamte Bandbreite polizeilicher Gewalterfahrungen abdecken. Unsere Beispiele beziehen sich mit wenigen Ausnahmen auf den westeuropäischen Raum und zeigen – unbeabsichtigt – sicherlich auch, dass sich unsere Gruppe vorrangig aus weißen Personen zusammensetzt. Außer Frage steht, dass institutionelle Gewalt neben Sexismus und Queerfeindlichkeit besonders auch durch Rassismus verstärkt und befördert wird und ein intersektionaler Blick auf die Verschränkungen von Gewalterfahrungen nötig ist.
Wir würden uns freuen, wenn Ihr unser Projekt in den kommenden 16 Tagen verfolgt, begleitet und teilt und gerne auch die Gelegenheit nutzt, um Eure eigenen Erfahrungen zu teilen oder von anderen Geschichten und Beispielen zu erzählen. Morgen folgt dann der erste Bericht – wir reisen in die DDR und erfahren mehr über Repressionen und Gewalt, die lesbische Frauen dort erlebt haben.